Kennst du das? Du wachst morgens auf und sofort fallen dir viele Aufgaben ein, die du heute zu erledigen hast. Schnell schwingst du dich aus dem Bett und stellst dein ganzes Tun auf Autopilot um den Alltag zu bewältigen. Du hast für jeden ein offenes Ohr und versuchst alle Bedürfnisse der anderen zu erfüllen. Dabei bleiben dann häufig die eigenen Bedürfnisse auf der Strecke.
Von den vielen verschiedene Definitionen, die man im Netz finden kann, gefällt mir die folgende sehr gut. Bei einem Bedürfnis habe ich Bedarf für oder an etwas. Ich darf also etwas haben. Das ist also erstmal weder negativ noch positiv.
In der Bedürfnispyramide nach Maslow werden die Bedürfnisse in 5 Stufen unterteilt.
Da sind zunächst 1) physiologische Bedürfnisse, wie essen, trinken, schlafen. Danach kommen sogenannte 2) Sicherheitsbedürfnisse, wie Dach über dem Kopf, geregeltes Einkommen etc., gefolgt von den 3) sozialen Bedürfnissen wie Familie, Freundschaft, Liebe. In der Pyramide von Maslow kommen dann 4) Individualbedürfnisse, z.B. Wertschätzung und 5) die Bedürfnisse zur Selbstverwirklichung, z.B. das eigene Potential ausschöpfen.
Ich persönlich sehe die ersten 3 Bedürfnisse als sogenannte Grundbedürfnisse. Wir alle müssen essen, trinken, schlafen, brauchen Sicherheit und Nähe, um zu überleben. Schon im Bauch der Mutter sind wir nicht nur von den Ernährungsgewohnheiten unserer Mutter abhängig, sondern auch von ihren Stimmungen, ihren Ängsten und vielem mehr, so dass ich persönlich Schwierigkeiten habe, zwischen Sicherheits- und sozialen Bedürfnissen eine Hierarchie herzustellen.
Unabhängig von den Grundbedürfnissen stellt sich jetzt also die Frage, was genau sind Individualbedürfnisse und Bedürfnisse zur Selbstverwirklichung.
Wie der Name Individualbedürfnis schon sagt, hat jeder Mensch seine eigenen individuellen Bedürfnisse, sie sind von Mensch zu Mensch verschieden. Das kann der Wunsch nach Natur, nach Sport, nach Singen, nach Austausch mit Freundinnen, Ruhe oder Action sein. Alles was Mann, Frau, gerne für sich machen und in seinem, ihrem Leben integrieren möchte. Dazu gehört für mich auch das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.
Ich z.B. bin gerne draußen im Garten, ich chille gerne alleine in der Hängematte, ich lese für mein Leben gern Querbeet durch viele verschiedene Themengebiete, ich mosaike gerne und ich brauche auch immer Zeit für unterschiedliche Fortbildungen – das wäre dann jetzt in der Bedürfnispyramide Punkt 5, die Selbstverwirklichung. Für mich sind alle Punkte gleich wichtig und wollen von mir gelebt werden.
In diesem Blogartikel möchte ich individuelle Wege aufzeigen, wie es möglich werden kann, trotz Familien- und Berufsalltag, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und sich den Raum und die Zeit dafür zu nehmen.
Wenn ich mich mit anderen Frauen, Müttern von “meinen” Coachingkindern oder den Müttern aus meinem Freundeskreis unterhalte, höre ich ganz oft, dass sie keine Zeit haben, auch nur irgendwas für sich zu machen. Wenn dann doch mal Zeit bleibt, dann gehen diese Frauen ganz oft zum Sport oder ins Fitness. Häufig leider nicht, um was Gutes für sich oder ihre Gesundheit zu tun, sondern um dem Partner oder dem Umfeld zu gefallen. Die Außenwirkung scheint wichtiger, nicht das persönliche Wohlbefinden. Ich höre auch immer öfter, dass Mütter sich für die Familie und den Beruf aufopfern und sich mehr Zeit für sich wünschen, jedoch nicht wissen, woher die Zeit nehmen. Viele Frauen fühlen sich ausgebrannt und nicht selten landen sie in einem Burnout. Sie haben ganz vergessen, warum die eigenen Bedürfnisse zu leben , extrem wichtig ist.
Ich liebe meine Familie, meinen Mann, meine Kinder, meine Verwandtschaft, meinen Freundeskreis und ich liebe meinen Beruf, früher als Wissenschaftlerin, momentan als Kinder- und Lerncoach, bald als Mentorin für Mütter, die wieder in ihre Balance kommen wollen. Mir war und ist es mir schon immer wichtig gewesen, Zeit für mich und meine Bedürfnisse zu beanspruchen und das hat sich mit meiner, zugegebenermaßen späten, Mutterschaft nicht geändert. Denn ich und vor allem mein Umfeld merkt sehr schnell, wenn ich mir keine Zeit für mich nehme. Ich bin dann launisch, ungerecht, meckere viel und bin ziemlich unausstehlich, ich bin einfach unausgeglichen.
Von Haus aus bin ich ein vielseitig interessierter und umtriebiger Mensch; heute bekäme ich wahrscheinlich den Titel Scannerpersönlichkeit. Trotzdem liege ich auch gerne mal faul in der Hängematte und lese einfach nur und BIN. Außerdem schlafe ich für mein Leben gerne. Ich kann “ranklotzen”, 12 Stunden am Tag arbeiten und/oder für die kranken Kinder dasein, wenn es erforderlich ist.
Um aber voll in meiner Kraft und Energie zu sein, ist es für mich wichtig und notwendig, dass ich immer wieder Zeit mit mir verbringe und Dinge mache, die mir guttun, unabhängig davon, was andere davon halten.
Für mich persönlich war es ganz wichtig, zunächst mal aufzuschreiben, wofür ich Zeit brauche. Da ist der Ehemann oder Partner, die Kinder, der Beruf und da bin ich. Aufschreiben, wie eine “normale” Woche aussieht, hat mir geholfen, um zu erkennen, wie die Zeit aufgeteilt ist.
In mehreren Gesprächen habe ich gemeinsam mit meinem Partner überlegt, wie wir eine geschicktere Aufgabenverteilung hinbekommen, so dass mehr Zeit für mich bleibt.
Dass es nicht immer nur der Partner sein muss, zeigt folgende kleine Geschichte.
Kürzlich erzählte mir eine gute Freundin, deren Kinder längst aus dem Haus sind, dass sie mit ihren 1 und 3 Jahre alten Kindern, Mütter auf dem Spielplatz angesprochen und sich ausgetauscht hat. Schon wenige Wochen später gabs einen Mütterpool aus 4–5 Müttern, die einander geholfen haben, sodass jede Mutter Zeit, nur für sich, geschenkt bekommen hat. Daraus haben sich über viele Jahre hinweg Freundschaften und viele Hilfsangebote entwickelt.
Mein Beruf als Wissenschaftlerin kannte keinen Feierabend. Damit ich neben meinen Kindern, Partner und Beruf trotzdem Zeit für mich bekommen habe, habe ich mit meinen Kollegen geredet und wir haben uns gegenseitig Freiräume geschaffen. War das immer leicht? Nein! Hat es sich gelohnt? Definitiv JA!
Ich bin offen mit dem Thema “Zeit für mich” umgegangen, sei es im Familien-, Kollegen- oder im Freundeskreis. Dabei habe ich gemerkt, dass ich nicht alleine bin, dass es anderen Müttern, auch Frauen ohne Kindern, genauso oder ähnlich geht. Durch meine Offenheit konnten sich auch die anderen öffnen und ich bin immer wieder erstaunt, wieviel gegenseitige Hilfsbereitschaft vorhanden ist.
Damit ich mir die Zeit für mich und meine Bedürfnisse auch wirklich nehme, schreibe ich alle Anforderungen und Aufgaben in einen einzigen Terminplaner. In dem ist dann auch “Zeit für mich” vermerkt. Diese Me-time gleich ich mit den Familienmitgliedern und Kollegen ab. Das ist einerseits für meine Mitmenschen wichtig, noch viel wichtiger aber für mich, damit ich mir die Zeit auch wirklich nehme. Dadurch stelle ich sicher, dass ich mich auf jeden neuen Tag freue.
Mein Lieblingsritual am Morgen im Bett sind Atemübungen, eine kleine geführte Meditation und mein kleines Dankbarkeitstagebuch, in das ich 5 Dinge reinschreibe, für die ich dankbar bin.
Liebe Ulrike
Was für ein wichtiges Thema du doch in deinem Blogbeitrag ansprichst. Als meine drei Kinder noch klein waren, war mir viel zu wenig bewusst, wie wichtig diese Zeit für mich allein gewesen wäre und habe mich darum immer wieder mal selbst überfordert.
Es ist schön zu lesen, dass sich durch deine Offenheit auch die anderen öffnen und gegenseitige Hilfsbereitschaft vorhanden ist.
Ich wünsche dir weiterhin eine gute Balance in deinem Mutteralltag.
Liebe Grüsse einer sechsfachen Grossmutter
Esther
Liebe Esther, herzlichen Dank für dein schönes Feedback. Sechsfache Großmutter ist bestimmt auch ziemlich herausfordernd und doch ganz anders. Meine Schwester, 3 Jahre jünger als ich, ist auch schon 5-fache Großmutter.
Liebe Grüße,
Ulrike